Vergaberecht

 

A.   Die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im öffentlichen Bereich

Das Vergaberecht regelt die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber (Bund, Länder und Gemeinden, Rechtsträger des öffentlichen Rechts) und sogenannte Sektorenauftraggeber.

Sektorenauftraggeber sind Auftraggeber, aus den Bereichen der Trinkwasserversorgung, der Energieversorgung, der Betreiber von Netzen zur Versorgung der Öffentlichkeit im Bereich des Verkehrs auf der Schiene, mit automatischen Systemen, mit der Straßenbahn mit Bus, mit Oberleitungsbussen oder mit Kabel, Postdienste sowie geographisch abgegrenzte Gebiete zum Zwecke der Suche oder Förderung von Erdöl, Erdgas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen oder der Bereitstellung von Flughäfen, Häfen oder anderen Verkehrseinrichtungen für Beförderungsunternehmen im Luft-, See- und Binnenschifffahrtsverkehr.

Hat ein öffentlicher Auftraggeber (oder ein Sektorenauftraggeber) die Absicht einen Auftrag zu vergeben, so hat er bei der Auftragsvergabe die Bestimmungen des BVergG Sees anzuwenden.

Grundsätzlich unterliegen alle Auftragsvergaben dem BVergG, unabhängig von ihrem Wert. Allerdings kommt bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb eines bestimmten Wertes (Schwellenwert) ein flexibleres Verfahren zur Anwendung, d.h. der Auftraggeber hat bei der Wahl des Vergabeverfahrens eine größere Auswahlmöglichkeit.

Die Schwellenwerte betragen für den klassischen Bereich (Bund, Länder, Gemeinden, Rechtsträger des öffentlichen Rechts) bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen € 207.000, bei Bauaufträgen und Baukonzessionsverträgen € 5.186.000. Im Sektorenbereich beträgt der Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungsaufträge das Doppelte des Schwellenwertes für den klassischen Bereich (also € 414.000), bei Bauaufträgen und Baukonzessionsverträgen ist der Schwellenwert ebenfalls € 5.186.000.

Typisch für das Vergabeverfahren ist das offene Verfahren, bei dem der Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert. Es steht jedem potentiell interessierten Unternehmer frei, mittels Erstellung eines Angebots am Verfahren teilzunehmen. Der Zugang zum offenen Verfahren darf vom Auftraggeber nicht beschränkt werden.

Neben dem offenen Verfahren kennt das BVergG auch ein nicht offenes Verfahren, in dem zunächst Unternehmer zur Teilnahme am Vergabeverfahren eingeladen werden und im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs der Auftraggeber die Eignung der Bewerber prüft. Aus dem Kreis der geeigneten Bewerber wird sodann eine beschränkte Anzahl an Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert. In Ausnahmefällen ist auch die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens zulässig.

In bestimmten Fällen sind Auftragsvergaben vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen. Dies ist insbesondere bei konzerninternen Beschaffungen und bei Leistungsbeziehungen zwischen Joint Ventures und ihren Gründungsunternehmern der Fall. In diesen Fällen besteht keine vergaberechtliche Ausschreibungspflicht.

Im klassischen Bereich sind auch sogenannte Inhouse-Vergaben von Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen, da es sich hierbei um klassische „Eigenleistungen“, also die Leistungserbringung durch (unselbstständige) Einrichtungen des leistungsnachfragenden Rechtsträgers handelt.

B.   Rechtsschutz

Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern er ein

  1. Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrags behauptet, und
  2. in durch die behauptete Rechtswidrigkeit den Staaten entstanden ist oder zu entstehen droht.

Handelt es sich um einen Auftraggeber, der dem Bund zuzurechnen ist, so ist der Antrag auf Nachprüfung beim Bundesverwaltungsgericht zu stellen. Ist der Auftraggeber im Landesbereich oder einem Gemeindebereich zuzurechnen, so ist zu Nachprüfung das jeweilige Landesverwaltungsgericht zuständig.

Die Zuerkennung von Schadenersatz an übergangene Bieter oder Bewerber fällt in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte. Das BVergG enthält diesbezüglich allerdings materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Bestimmungen.

C.   Neuer Rechtsrahmen auf europäischer Ebene ab 2014

Anfang 2014 wurden durch das Vergaberechtsreformpaket die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene umfassend reformiert. Neben Änderungen für die öffentliche Auftragsvergabe sowie die Vergabe von Aufträgen durch Sektorenauftraggeber wurde durch die Konzessionsrichtlinie erstmalig auch der Bereich der Konzessionsvergabe in einer eigenen Richtlinie geregelt.

Die innerstaatliche Umsetzung der neuen Richtlinien muss durch die österreichische Gesetzgebung bis spätestens 18. April 2016 erfolgen.

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